Information Overload

Information Overload („Informationsüberlastung“): Neben der Produktebene (siehe Artikel „Featuritis vs. Usability“) gibt es einen zweiten Aspekt der Zuvielitis, den die Anzahl und Qualität der (Produkt-)Informationen betrifft: die Informationsebene.

  • Quantitative Ebene: Täglich werden wir mit unzählbar vielen Informationen überschwemmt (information overload). Eine sinnvolle Selektion fällt schwer in der Zuviel-Welt.
  • Qualitative Ebene: Oft werden Informationen minderwertig aufbereitet – Hauptsache, das Produkt wird verkauft. Unstrukturierte Informationen sind keine wirkliche Entscheidungshilfe.

Quantitative Ebene: Zu viele Informationen (Zuviel-Problem 1)

Bücher und Nachrichten.

Jährlich erscheinen 90.000 Bücher im deutschsprachigen Raum und gesellen sich zu den 877 wöchentlich oder monatlich erscheinenden Zeitschriften. Wem das nicht reicht, der fühlt sich vielleicht besser in den 351 regionalen oder 10 überregionalen Tageszeitungen informiert. Für ein Buch allein benötigt man 5 bis 20 Stunden Lesezeit und um den „Stern“ komplett durchzulesen, bräuchte man je nach Lesegeschwindigkeit vier bis acht Stunden – einen halben bis ganzen Arbeitstag.

Webseiten.

Während Google im Jahr 2000 „nur“ eine Milliarde Webseiten listete, waren es 2007 eine Billion URLs. Bei Android und Apple stehen ca. 700.000 Apps dienstbereit. Laut Konsumentenpsychologen ist die Informationsmenge in den letzten 10 Jahren 2,6-mal so stark gestiegen wie der Anstieg des Informationskonsums. Und dabei verbringt doch schon heute der deutsche Durchschnittssurfer 138 Minuten aktiv im World Wide Web. Bei den 14-29-Jährigen sind es volle drei Stunden.

Werbebotschaften.

Wir sind täglich ca. 5.000 Werbebotschaften ausgesetzt. Wem das viel vorkommt, der denke nur an die ganzen Plakate auf dem Weg zur Arbeit, die kleinen Grußkarten auf der Restauranttoilette, die Radio- und Fernsehspots, die vielen Anzeigen in der Tageszeitung. Von Werbebanner und Popups im Internet ganz zu schweigen. Versuche mal, nur einen Tag ohne einen einzigen Werbereiz auszukommen. Sofern Du nicht im Koma liegst, dürfte das sehr schwer fallen.


Qualitative Ebene: Verwirrende Informationen (Zuviel-Problem 2)

Zur reinen Anzahl der Produkte kommt ein qualitatives Problem hinzu, denn oft scheint man zum Verständnis der Produktbezeichnungen und Produktinformationen einen Doktortitel zu benötigen. Drei Dinge sind dafür verantwortlich:

Profitmaximierung (es jedem Recht machen wollen).

Jeder Hersteller und Händler möchte die Zielgruppe möglichst breit fächern und beschreibt seine Produkte mit dem größtmöglichen gemeinsamen Nenner. Damit bleibt die Positionierung vage, der Nutzen unklar (fast wie in der Politik). Produkte und Produktinformationen verlieren Unterscheidungskraft. Zu häufig wird etwas als neu und einzigartig angepriesen, das letzten Endes nur eine Kopie ist.

Hirnfremder Innenblick.

Viele Produktbezeichnungen lassen keine Assoziationen zu und erschweren so die Erinnerung und Einordnung bestimmter Modelle. So verwendete Nokia lange Zeit Produktnamen wie „C 2-02“ oder „E 5-00“. Kannst du dir etwas darunter vorstellen? Auch bei Samsung fällt es schwer: Für ihre Flachbildschirme verwenden die Koreaner Bezeichnungen wie „C24A650X“, „S24A450BW“ oder „S27A850DW“. Der Sinn hinter diesem Kauderwelsch? Erstmal nicht erkennbar. Nur durch Nachfrage beim Händler erfährt man, dass die erste Ziffer „24“ für die Monitordiagonale in Zoll steht und die dreistellige Nummer einen Hinweis auf die Qualität bietet (je höher, desto besser). Aber was bitte sind dann BW, DW, X am Ende? Etwas besser machte es Sony Ericsson, die zumindest eine kleine Eselsbrücke in die Produktlinien einbauten: Hier bedeuteten die Buchstaben bei den Modellen W200 und W350 beispielsweise „Walkman-Handy“. Das C in C510 oder C702 stand für „Cybershot-Handy“.

Copy-Cats und Handelsmarken (ähnliche Produkte).

Auch im Regal gilt der kriegerische Ansatz des „Tarnens und Täuschens“. Firmen kopieren einander, bieten das Gleiche mit anderen Worten an oder versuchen Konsumenten gezielt zu verwirren. Dazu zählen Handelsmarken, die Markenprodukte nachempfinden und in einer ähnlichen Verpackung aufmachen. Denke an die Billig-Kosmetikmarke „ISANA“ von Rossmann. Vergleiche mal Schriftzug, Farbgebung und Produktvorteile mit den Produkten von NIVEA. Schon geschickt gemacht, gerade was die Semantik angeht: Fünf Buchstaben in jedem Wort (NIVEA-ISANA) und jeweils drei Vokale, „I“ und „A“ sind sogar identisch.


Woher kommt der information overload in der Welt des Zuviel?

Es kostet Zeit.

Im Wirrwarr fällt es schwer, die relevanten Informationen zu filtern. Nicht nur, dass man sich bei der Zahl der Infos und Quellen konzentrieren muss, die richtigen zu identifizieren – mit jedem neuen Produkt steht eine neue Entscheidung an: Wichtig? Oder nicht? Versuche doch einmal, in deiner Mailbox mit 120 Mails die wichtigste Mail zu bestimmen, und stoppe die Zeit. Wiederhole diese Übung, wenn Du mal nur 12 Mails darin haben. Plötzlich wird es ganz plastisch, was Informationsbelastung heißt.

Die Kanäle sind zerstückelt.

Eine weitere Konfusions- und Mangelquelle ist, dass man viele Informationen zerstückelt auf einer Vielzahl von Geräten in den unterschiedlichsten Formaten erhält. Du merkst das vielleicht bei deiner Arbeit, wenn du zwischen den Quellen immer wieder hin- und herwechseln musst. Man bearbeitet gerade einen Auftrag, da kommt eine SMS vom Kunden. Er verlangt schnell eine Information, die du aber in einem Ordner gespeichert haben. Du suchst diesen, findest ihn schließlich, willst zurückrufen, weil es schneller geht – er nimmt nicht ab. Also tippst du eine Mail, weil es schneller geht als die SMS, der Kunde checkt diese aber nicht und ist verärgert.

Es verschlechtert Entscheidungen.

Die Wissenschaft bestätigt das Phänomen der Informationsüberlastung. So wies der Konsumentenpsychologe Jacoby bereits 1974 nach, dass eine Zunahme von Informationen, z. B. Fakten zu einem Produkt, zu einer Abnahme der Entscheidungseffizienz führen kann.


Fazit: Zuviel überfordert – biete Entscheidungshilfen

Die vorherrschende Informationsflut bei Produkten und Dienstleistungen überfordert Konsumenten durch ein unstrukturiertes Zuviel. Kunden sind dankbar für hochwertige Informationen und Entscheidungshilfen.

Das A&O beim Kampf gegen die Informationsflut ist eine adressatengerechte Ansprache: wer soll das Produkt bzw. die Dienstleistung kaufen und welche Sprache spricht er? Außerdem kannst du es nicht jedem recht machen – konzentriere dich lieber auf deine Stammkunden, statt dich mit konturlosen „Alleskönnern“ zu verzetteln.

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Kategorie: Entscheidungs-Psychologie
Artikel von
am 03.06.2014

Dr. Martin Krengel

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